Auf Atelierbesuch bei Danny Frede. Ein Künstler, für den mir ein Blog Eintrag irgendwie nicht reicht. Deshalb gibt es zwei.
Der Künstler Danny Frede stellt noch bis November 2018 seine „Seriellen Rechtecke“ bei uns im Hotel Villa Meererbusch aus. Als eine Werkgruppe zeigen die „Seriellen Rechtecke“ jedoch lediglich eine Facette seiner umfangreichen und dabei höchst abwechslungsreichen Arbeit.
Höchste Zeit, Danny Frede auch einmal in seinem Atelier zu besuchen. Ich freue mich über die Einladung. Auf Atelierbesuch gehe ich grundsätzlich sehr gern. Ein Atelier ist immer ein Ort, an dem es etwas zu entdecken gibt. Es riecht meist nach Holz und Farbe, manchmal nach Firnis. Es gibt immer viel zu Gucken. Und vor allem ergibt sich die schöne Gelegenheit, auch einmal ein „Work in Progress“ anzuschauen. Nichts ist spannender, als dem Künstler quasi „über die Schulter“ schauen zu dürfen.
Als Fotograph, Maler und Graphiker ist Danny Frede (*1982) kaum mit einem einzelnen der gängigen Etiketten der Gegenwartskunst zu beschreiben. Auf seiner Website heißt es: „Als freier Künstler beschäftigt (Danny Frede) sich in der urbanen Peripherie mit der Übersetzung traditioneller Konzepte von Malerei in die immer mehr von digitalen Prozessen geprägten Sichtweisen des Alltags.“
Aha. Was meint denn das? Mit der urbanen Peripherie ist Köln Porz gemeint. Danny Fredes Atelier ist auf dem Gelände einer ehemaligen Feilenfabrik angesiedelt. In einem schönen Innenhof, mit viel Platz und viel Licht.
Aber wie steht es denn um die Übersetzung von Malerei ins Digitale? Das lohnt wohl einen genaueren zweiten (dritten,…) Blick. Davon, aber auch von meinem interessanten und dabei höchst unterhaltsamen Besuch bei Danny Frede in seinem Kölner Atelier, möchte ich hier berichten.
Auf lange Besuche folgen manchmal lange Artikel. Und gerade weil Danny Frede so ein äußerst vielseitiger Künstler und dabei sehr sympathischer Mensch ist, mit dem man sich sehr kurzweilig unterhalten kann, wird das jetzt mal ein Blog Beitrag in zwei Teilen. Also, ein Kunst Portrait mit „Cliffhanger“ sozusagen.
Danny Frede. Der Künstler als „Serientäter“?
Danny Frede selbst sagt von sich, er habe nach Schule und Zivildienst einfach „vergessen zu studieren“. Aber das ist eigentlich nicht richtig. Denn seine Arbeit ist ein kontinuierliches, äußerst gründliches Studium von Motiv und Modus. Experimentell und mit echter Entdeckerfreude tariert Frede die Varianten seines Ausdrucks aus. Er studiert – bisweilen exzessiv – die Grenzen, vielmehr Entgrenzungen seines Ausdrucks. Sein Mittel ist oft die konsequente, konzentriert akribische Wiederholung, die sich dann in ganzen Serien reflektiert. In der Photographie und auch in seiner Malerei.
In der Photographie sind es etwa die „Jungen Männer und Schlachtkörper“, eine Fotoserie von lebensgroßen Portraits von jungen Männern, die tatsächlich mit Schlachtkörpern inszeniert werden. Unvermittelt, nackt, sehr nah, intim, fast verletzlich – und für mich, zumindest – dadurch im Wortsinn verstörend.
Oder aber, ganz anders, die „Edition ohne Dom“. Hier geht es um typische, unverkennbare Köln Ansichten, aber eben ohne Dom. Und obwohl hier der Dom mal nicht zu sehen ist, geht gebürtigen Kölnern wie mir das Herz auf. Denn Frede inszeniert nicht nur bewährte Kölner „Postkarten Klassiker“ wie etwa die Hohenzollern Brücke oder das alte Dom Hotel, sondern auch überraschend andere „Sehenswürdigkeiten“ wie etwa einen Haltegriff in der KVB Strassenbahn. Die Poller, mit denen in Köln der fahrende und der „ruhende“ Verkehr voneinander getrennt werden. Oder eben nicht. Das zumindest dokumentiert die Vielzahl der krumm gefahrenen Poller im Stadtbild. Und auch die von Frede stehen ganz leicht schief.
Oder der Express Verkaufsautomat. Den Kunden, die sich für dieses Motiv entschieden haben, ging es übrigens gar nicht um den Zeitungskasten an sich. Sondern vielmehr um die Titelschlagzeile der Express Ausgabe darin: Modeste wechselt nach China. Mutmassungen über einen Jahrhundert Deal für den Kölner FC. Der Kölner ist an sich auch immer FC Fan, gehört irgendwie dazu. Die Entscheidung für ein Bild ist eben höchst persönlich.
In seiner Malerei setzt Frede die Reihung ebenfalls auf seine ganz besondere Art und Weise um. Etwa in seinen 256 unperfekten Farbverläufen. Handgemalt, ungenau, im Gegensatz zur Makellosigkeit der digitalen Illusion in 4K. Und dann die „Seriellen Rechtecke“. Gibt’s da einen gemeinsamen Nenner?
„Serielle Rechtecke“. Vom Pixel zum Pinselstrich. Oder umgekehrt?
Mit Fredes „Seriellen Rechtecken“ kenne ich mich inzwischen bestens aus. Denn die erleben wir derzeit Tag für Tag in ganz geballter Form. Mit „voller Wucht“, sozusagen. Sehr ie sehenswerte Ausstellung bei uns im Hotel Villa Meererbusch ist noch mehr oder weniger bis zum Jahresende bei uns zu erleben. Deshalb will ich ein wenig ausführlicher darauf eingehen.
Rechtecke. Also wirklich nur Rechtecke, nicht anderes, und dann auch noch als Serie? Ist das nicht ein wenig eintönig oder fade? In der Geometrie ist ein Rechteck oder ein Orthogon (zumindest schon mal ein interessanteres Wort!) ein ebenes Viereck, dessen Innenwinkel alle rechte Winkel sind.
Das klingt auf den ersten Blick nicht nach einem echten „Hingucker“. Und zugegeben, wir waren ein wenig skeptisch, als es im Vorfeld dieser Ausstellung darum ging, sich radikal und ohne Abweichung nur auf diese „Seriellen Rechtecke“ einzulassen. Wie würde sich so viel mutmaßlich gleichförmige Geometrie an unseren Wänden, und damit auf uns und unsere Gäste, wohl auswirken?
Gleichförmigkeit, ohne gleichförmig zu sein. Geht das? Ja.
Die Intensität serieller Repetition erleben wir als Betrachter derzeit Tag für Tag. Ein und die gleiche Form muss aber ganz und gar nicht gleichförmig wirken. Ganz im Gegenteil.
Danny Frede wiederholt in all diesen Bildern das Rechteck im Rechteck, als eine serielle Kunst. Mit endlos anmutende Reihen, Wiederholungen und Variationen desselben Gegenstandes, desselben Themas (hier also das Rechteck). Als ein System von konstanten und variablen Elementen oder Prinzipien wird eine ganz eigentümliche ästhetische Wirkung erzeugt.
Durch die Art und Weise, aber auch die große Zahl dieser unterschiedlich großen Bilder in verschiedenen Farben – von rot und blau, bis grün und türkis, oder gar mit Patina in Gold und rostbraun – erfüllt sich unser gesamtes Haus mit einem ganz eigentümlichen Rhythmus.
Jedes dieser Bilder wirkt für sich. Gleichzeitig verliert mit der konsequenten Umsetzung von Bildregeln und in der Reihung das einzelne Werk an Individualität und ist theoretisch austauschbar. Die Serie lässt sich inhaltlich erst in der Gesamtschau erfassen. Das eigentliche Sujet tritt gegenüber der Darstellung selbst zurück. Auf den ersten Blick jedenfalls.
Auf den zweiten Blick treten die Besonderheiten, das Einzigartige der manuellen Umsetzung heraus. Nein, jedes Bild ist anders, zumindest ein bisschen. Der Farbauftrag, die Lasur. Die Struktur der handgearbeiteten, gespachtelten Untergrund Struktur, die dem Bild eine fast skulpturale Anmutung gibt. Die farbigen, fast naturalistisch gemalten körperhaften kleinen Rechtecke treten im Kontrast zu diesem Untergrund heraus. Sie scheinen fast ein wenig zu schweben. Leuchten wie kleine Edelsteine. Und da haben wir dann wieder das Singuläre des einzelnen Bildes in Opposition zur endlosen Wiederholung. Hier geht es um individuelle Aneignung durch Repetition.
Diese „Seriellen Rechtecke“ wirken äußerst strukturiert und fokussiert. Sie sind nicht perfekt, nicht makellos wie von einer Maschine gemacht, sondern handgearbeitet. Sie sind das Ergebnis einer sorgfältigen, kontrollierten Arbeit.
Aber – Achtung: Jetzt kommt der Cliffhanger!
Danny Frede kann auch ganz anders. Inmitten der Ordnung geht es da ganz ungeordnet zu. Warum liegen riesige nasse Leinwände auf dem Atelierboden herum? Was sind denn die malenden Maschinen? Malt der Maler hier noch? Ist „Robotonismus“ ein neues Wort? Und wenn ja, worum geht’s hier überhaupt. Davon erzähle ich im zweiten Teil meines Blog Eintrags. Bleiben Sie dran!