Kronkorken, Angelhaken, leere Flaschen und Bierdosen. Drahtgeflecht. Der Arm von einem Plastik-Püppchen, ein Legostein und ein leeres Feuerzeug. Ein zerbrochener Kamm und ein verbogenes Brillen-Gestell.
Aus all den Dingen, die sich bei einer Aufräum-Aktion am Rheinufer angefunden haben, hat Laura Flöter für Blockblocks Cleanup eine kleine Serie mit vier Material-Collagen gemacht: „Mai 2021 I-IV“.
Kunst aus Müll?
Für Laura Flöter sind gerade solche Dinge, die andere nicht mehr wollen und ausrangiert haben, ein wertvoller Fundus. Die Künstlerin arbeitet konsequent und ausschließlich mit gebrauchten Materialien und Fundstücken. Tatsächlich sind ihr sogar jene Dinge einen zweiten Blick wert, die irgendwer aus Ignoranz und Unachtsamkeit einfach weggeworfen hat. So wie jetzt auch: Dinge, die als Fremdkörper und Müll die Natur verschandeln, bevor sich irgend jemand ans Aufräumen macht.
Bei Laura Flöter sind aus diesem Unrat abstrus anmutende Gebilde geworden, die mich an Inseln denken lassen, die ich aus der Luft betrachte. Eine rätselhafte Landschaft aus Schnüren, Draht und Schrauben, mit Kratern aus Kronkorken. Ein kaum durchdringliches Dickicht, so scheint es. Sorgfältig ineinander verwoben, geschichtet und verschachtelt.
Inseln und Meer. (K)eine Idylle.
Diese inselartigen Strukturen sind mit lasierenden Farbschichten übermalt, bläulich, mit einem Hauch von Weiß, ganz milchig und diffus, wie unter Wolken. Der Untergrund leuchtet in einem intensiv leuchtenden, monochromen Blau. Diese Farbe bewegt sich irgendwo zwischen Cyan und Ultramarin. Wie Wasser.
Die Inseln selbst sind dick umrahmt von sattem Schwarz. Und das wiederum erinnert mich an große ölige Flecken, die auf dem Wasser schwimmen und sich an keiner Stelle in dem tiefen Blau des Untergrundes auflösen.
Dinge mit Geschichte(n)
Die einzelnen Fundstücke sind dabei noch gut erkennbar. Aber sie werden in ihrer neuen Nachbarschaft zu einem Stoff, aus dem ganz andere Geschichten entstehen können.
Da blühen verblichene Plastikrosen und ein einzelner Schwan zieht majestätisch seine Bahnen.
Ein Fisch hängt am Haken und zappelt an Land. Sogar ein Autoschlüssel findet sich irgendwo, und der Zündschlüssel für ein Mofa. Vielleicht steckt dahinter sogar eine ganz eigene Geschichte, und dieser Schlüssel ging seinerzeit nicht einfach verloren, sondern wurde wütend im Rhein versenkt. Wer weiß das schon.
Untergründig schimmert da irgendwo auch noch der Schriftzug „Desperados“ durch das milchige Blau. Das war wohl irgendwann mal ein Bier, das nach Tequila schmeckt. Jetzt steht es einfach da – als ein Wort. Es meint „verzweifelt“ und „verwegen“, oder aber es klingt nach „Räubern und „Banditen“. In diesem Licht scheint das defekte Feuerzeug im Wortsinn brandgefährlich. Was es damit wohl auf sich haben mag?
Nun, Laura Flöter gibt mit ihrer Kunst keine einfache Antwort darauf. Eines sei verraten: um die augenfällige Inszenierung von Unrat geht es ihr keinesfalls. Die Künstlerin spricht vielmehr eine Einladung aus: Machen Sie sich doch selbst ein Bild.
Lassen Sie sich auf die ungewohnten und teils irritierenden Ansichten doch einfach einmal ein. Die unerhörten Geschichten dazu können Sie sich selbst durch den Kopf gehen lassen.
Und wenn Sie ganz genau hinschauen, dann entdecken Sie auch die schimmernde Perle, die in jedem Bild darauf wartet, gefunden zu werden.